Das Zimmer ist hell und schön eingerichtet. Ich fühle mich wohl und auch ein wenig, als würde ich auf einer weißen, weichen Wolke schweben, während die TCM-Masseurin beginnt an meinem Rücken zu arbeiten.
Diese Wolke schwebt allerdings nicht lange, sondern lässt mich auf den harten Boden der Realität regnen, als sie an die tieferen Gewebs-Schichten unter den Muskeln geht.
Schmerz! Schmerz und Schmerz. Ihre erfahrenen Finger finden Knoten und Blockaden innerhalb kürzester Zeit und gehen sie gnadenlos an, während ich mich vor Schmerzen winde.
Und da fängt es an spannend zu werden, weil ich beobachten kann wie ich mit Schmerz umgehe. Ich kämpfe dagegen an. Wehre mich innerlich, beiße die Zähne zusammen, alles in mir sträubt sich und wird hart um sich zu schützen. Und so wird der Schmerz immer schlimmer.
Ich merke, wie ich durch meinen Widerstand den Fluss der Auflösung behindere und da kommt mir der Satz von meinem Coach in den Sinn: "Entspanne dich in das Unwohlsein hinein."
Also versuche ich es und lasse Stück für Stück meinen Widerstand los, was sich anfühlt wie der falsche Weg. Wie aufgeben. Wie mich nicht mehr schützen. In meinem Kopf beginnt ein panischer Monolog:
"Ich soll mich fallen lassen und vertrauen, ohne zu wissen, ob wirklich alles gut ist? Vielleicht macht sie ja einen Fehler? Vielleicht zeigt der Schmerz, dass sie etwas falsch macht? Denn ich verstehe nicht wo dieser Schmerz auf einmal herkommt."
Er wird nochmal besonders stark...
Doch dann spüre ich plötzlich, wie sich etwas beginnt zu lösen an meinem unteren Rücken. (Meine Beobachtung bei allen Heilprozessen: bevor etwas wirklich geht kommt es noch einmal besonders stark zum Vorschein). Ich bekomme eine Gänsehaut auf der ganzen linken Körperseite (die Herz-Seite oder auch Seite des Fühlens) und mir steigen plötzlich Tränen in die Augen, die ich sofort unterdrücke, weil ich Sorge habe wie sie darauf reagiert und ob ich sicher bin mich in meinem Kummer zu zeigen. Sie bekommt die Blockade nicht ganz weg und sagt ich solle in der kommenden Woche nochmal einen Termin buchen.
Als ich das Studio verlasse fühle ich mich merkwürdig leicht. Mein Körpergefühl ist ein ganz anderes und zugleich schmerzt mein unterer Rücken mehr als vorher.
Als ich die Wohnungstür öffne, öffnet sich zugleich ein Damm in mir und ich falle meinem Freund weinend in die Arme. Ich weine bestimmt 1,5 Stunden lang und erkenne in diesem Prozess, in dem ich mich mir selbst offenbare, dass ich über viele Monate meinen Kummer unterdrückt habe.
Wir haben eine schwere Zeit durchgemacht nachdem ich zu ihm gezogen bin und ich habe mir bis zu diesem Tag nicht eingestehen können wie sehr mich diese Zeit geschmerzt hat, wieviel mir gefehlt hat. Und genau dieser Schmerz, den ich weggeschoben habe (um zu funktionieren), hat sich auf einer anderen Ebene als der Emotionalen - nämlich körperlich - ausgedrückt.
-> Da wir in einer Schmerz-Vermeider-Gesellschaft leben wo alle immer konsumieren und schnellen Spaß haben wollen, liegen den meisten chronischen körperlichen Themen & Krankheiten unterdrückte Emotionen zugrunde. Und sich diesen zu stellen ist für mich vergleichbar mit dem Loslassen der Widerstände gegen Schmerz. Es erfordert Mut, es fühlt sich erstmal wie "der falsche Weg" an- weil es so ungewohnt ist aus dem Autopilot auszusteigen.
Es kommen Glaubenssätze hoch, die wir in inneren Monologen wieder und wieder wiederholen und uns selbst erzählen- die aber nie wirklich unsere waren. Nicht intakte Familiensysteme und Gesellschaftliche Prägungen haben uns vermittelt, dass es schwach sei zu weinen. Dass es Stärke sei keine Gefühle zu haben und es gut und richtig sei "sich abzulenken" von dem was schmerzt.
Diese Überzeugungen stehen wie Wächter an den Pforten unseres Herzens, bis wir uns bewusst für den Weg der Inneren Heilung unserer Emotionen entscheiden. Wir dürfen erkennen, dass auch diese Wächter versucht haben uns zu schützen, aber uns nicht mehr dienlich sind, wenn wir aufhören nur zu überleben und anfangen wollen wirklich zu leben. Als Kinder haben wir oft keine anderen Möglichkeiten als das zu wiederholen, was Mama und Papa uns vorleben, aber als Erwachsene haben wir die Wahl.
Meine Erfahrung ist, dass unser Schmerz uns einen Weg weisen will. Dass er uns hilft uns in unserer inneren Ganzheit wirklich zu begreifen. Dass er uns deutlich macht wo wir gegen uns gehen, uns selbst schlecht behandeln, oder uns von anderen falsch behandeln lassen. Wo wir andere unsere Grenzen überschreiten oder unsere Integrität untergraben lassen. Wo wir nicht auf uns selbst hören. Uns vielleicht sogar selbst verletzen und vieles mehr.
Du siehst also- wir brauchen unseren Schmerz um gut für uns selbst zu sorgen. Wenn wir unsere Traurigkeit oder Wut unterdrücken, nehmen wir uns damit selbst die Möglichkeit etwas zu verändern. Auch ist jedes Gefühl Energie und das Unterdrücken von Energie führt nur dazu, dass sie sich anders ausdrückt. Sie kann nicht einfach verschwinden- sie wandelt sich nur.
-> Das Unterdrücken von Wut zB. führt zu Depressionen. Das Unterdrücken von Traurigkeit oft zu Rückenschmerzen (je nachdem um welches Thema es geht an unterschiedlichen Stellen des Rückens. Der untere Rücken steht zum Beispiel für Unterstützung im Leben.)
-> Allgemein bescheren uns lange unterdrückte Gefühle Ressentiments, Frustration, Härte & Verbitterung. Unterdrückter rasender Zorn kann sich als Migräne manifestieren oder als Parodontitis. (* Über die Arbeit und den bewussten Umgang mit Wut habe ich Parodontitis zum Beispiel selbst geheilt. Dazu in einem anderen Beitrag mehr.)
So vielfältig die Emotionen sind, so vielfältig kann auch ihr körperlicher Ausdruck werden. Und so individuell verschieden jeder Mensch ist, ist auch jede Leidens-Geschichte.
-> Wenn wir unsere Gefühle nicht hinauslassen, dann nehmen wir unserem Körper-System die Möglichkeit sich selbst wieder in den natürlichen Grundzustand von Gesundheit zurück zu balancieren. Körper, Geist und Seele sind in sehr feinen Netzen miteinander verbunden, ähnlich wie die Systeme in der uns umgebenden Natur. Wenn ein Vorgang unterbrochen wird, dann wird das ganze System aus der Balance gebracht.
Schmerz ist etwas zutiefst menschliches, das wir alle kennen und das uns alle verbindet.
Dahingehend darfst du, liebe/r Leser/in Forscherin deiner Gefühlswelten werden. Sei offen und neugierig auf die Abenteuer, die dich erwarten. Denn im Endeffekt führen dich deine Gefühle doch genau an den Ort, nach dem wir uns alle in Wahrheit sehnen: zurück zu dir. Nach Hause.
- Ich unterstütze dich von Herzen gern darin deine körperlichen Blockaden aufzulösen und wieder einen angstlosen, freien und genussvollen Zugang zu deinen tieferen Emotionen zu finden. Schreib mir einfach eine Mail an info@hannablume.com
Deine, Hanna Blume
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